Für diesen Beruf entscheidet man sich nicht nach der Schule. Insbesondere wir unabhängigen Versicherungsmakler haben eine große berufliche Einstiegshürde. Viele Berufseinsteiger landen von der Uni direkt in der Industrie oder bleiben als Vertreter ihrer Versicherung treu. Unabhängig den Markt screenen, fachliches Know-how aufbauen und ein stabiles Umfeld und Netzwerk aufzeigen können - das kostet erstmal richtig viel Zeit und damit Geld.
Wir selbst sind auf den Beruf nur durch glückliche Zufälle gekommen, weil es eben so wenige Einstiegsmöglichkeiten gibt und zudem keiner darüber spricht.
Dieser Beruf ist so besonders, weil die Finanzen und Absicherung der Menschen eines der intimsten Bereiche sind, über die man sprechen kann. Du bist, ob gewollt oder ungewollt, mitten im Leben der Leute. Von Kindesglück und Hochzeit bis zur Scheidung oder Todesfällen erleben wir alles mit und tragen einen erheblichen Teil dazu bei, die Menschen nicht nur rational durch Produktlösungen, sondern auch emotional zu begleiten.
Wir persönlich können uns keinen schöneren Beruf vorstellen, als in meiner Heimatstadt über 1.000 Menschen zu kennen, die mir ihre Vorsorge anvertrauen. Ich verdiene mein Geld solange, wie es meinen Kunden gut geht und habe ein uneingeschränktes Interesse daran, dass sich die Räder des Lebens in eine positive Richtung weiterhin drehen. Das nennen wir eine gesunde Geschäftsbeziehung.
Versicherungen und Banken werden uns als hochkomplex dargestellt. Das ist auch so gewollt, damit wir immer das Gefühl haben, die Themen sind außerhalb unserer Kompetenzbereiche. Immerhin hinterfrage ich auch nicht meinen Augenarzt, ob mein Augeninnendruck wirklich zu hoch ist und ich ständig diese Tropfen nehmen muss.
Am Ende des Tages ist es jedoch alles sehr einfach zu erklären. Ein Versicherten-Kollektiv zahlt gemeinschaftlich Beiträge, die als Gemeinschaftskonto das Individualrisiko einzelner Schicksalsschläge finanziell absichern. Anhand dieses Leitsatzes ergibt sich die logische Schlussfolgerung: "Sichere nur das ab, was du nicht selbst bezahlen kannst."
Banken arbeiten ähnlich. Unsere Gehälter und Ersparnisse befinden sich auf Konten, die einen Kontostand ausweisen. Dieser Kontostand und das darin befindliche Geld liegt aber nicht herum, sondern die Bank verdient mit dem von uns gelagerten Geld anderweitig Geld, indem sie es gewinnbringend in Form von Krediten oder Investitionen einsetzt.
Wir versuchen mit unseren Mandanten die bestmögliche Positionierung in diesem System zu erwirken und das auch laufend zu halten.
Strukturvertriebe arbeiten wie folgt: Es gibt meist ein eingeschränktes Produktportfolio, welches ähnlich wie bei einem Fußballverein als das einzig Wahre bezeichnet und nach außen hin bepreist wird. Dieses Narrativ eines unglaublichen USPs (Unique Selling Proposition) soll insbesondere Branchenfremde ohne tiefes Detailverständnis dazu motivieren das Produkt zu vertreiben. Dabei wird das Gefühl der Gemeinschaft und einer dahingehenden gemeinschaftlichen Vision als oberste Leitlinie immer wieder hervorgehoben. Es entsteht kein fachspezifischer Produktvertrieb, wie man ihn im Bereich der Medizintechnik vermuten möchte, sondern ein sehr oberflächlicher, emotionaler und vor allem in der Außenwirkung liegender Vertrieb.
Dazu bieten sich natürlich auch nur Branchen an, die den Menschen emotional berühren. Ich brauche jetzt nicht zu versuchen aus einer Manufaktur für nachhaltige Büromöbel einen Strukturvertrieb aufzubauen. Die Finanz- und Gesundheitsbranche ist hier eher die Wahl der Mittel.
Unabhängig davon, wie man die Produkte qualitativ bewerten möchte, stellt man schnell eines fest: Richtig erfolgreich sind die, die viele Menschen in das Vertriebssystem hineingeholt haben. Du siehst auf einem Event eines Strukturvertriebs zu 99% keine Preise oder Lobeshymnen auf die "fachlich stärksten". Es sind immer die sogenannten "Headhunter", die den Ruhm und das damit verbundene Geld ernten.
Die Systeme bestehen aus festgeschriebenen Karriereplänen, die ihre Positionen in coole Anglizismen verpacken und in den meisten Fällen sehr über Umsatz und Vertriebspartnergewinnung definiert sind.
Vor lauter Transparenz darüber, wie viel Umsatz und Geschäftspartner ich für den nächsten Karriereschritt brauche, geht eine wichtige Transparenz verloren. Was braucht mein Kunde? Diese Beratungs- und Facharbeit wird in diesem System entweder als kleiner Zwischenschritt zur großen Managerkarriere oder gerne als notwendiges vorübergehendes Übel angesehen.
Diese Arbeit wird gerne an interne Mitarbeiter outgesourced und es wird sich blind auf die anfangs dargestellte Leitlinie eines gewissen Produktportfolios verlassen. Man könnte das ganze wie folgt bewerten: Die Nachteile einer Selbständigkeit treffen durch das enge Führungskorsett die Nachteile des Angestelltenverhältnisses.
Ich möchte nicht die unternehmerischen Fähigkeiten, die in diesen Systemen gelehrt werden, aberkennen. Sobald diese jedoch für dich und nicht für den Vertrieb eingesetzt werden, entstehen Disparitäten.
Ein vertrauensvolles Gespräch unter vier Augen kann viel bewirken, sprich uns gerne an!